Film & Medienbuero Niedersachsen

Rundbrief


Karl Heinrich Weghorn arbeitet an der
Endfertigung seines Filmprojektes:
Die zweite Wirklichkeit -
Heinrich Heidersberger Fotograf

Die Lebensgeschichte Heinrich Heidersbergers ist in vielen Bereichen eng verbunden mit der Kunst- und Kulturgeschichte unseres Jahrhunderts. Mit Künstlern wie Pablo Picasso und Henry Miller feierte er wilde Partys während seiner Pariser Jahre. Er war mit dem Kontikisegler Erik Hesselberg befreundet und wurde mit seinem exakten Blick der Lieblingsfotograf zahlreicher berühmter Architekten. Die historischen Umbrüche, die sich seit Anfang des Jahrhunderts in bisher nicht dagewesener Dimension ereigneten, hatten oft einen direkten Einfluss auf Heidersbergers Biografie und auf seine Bildauffassung. So verknüpft der Film ›Die zweite Wirklichkeit‹ die Ebenen des kollektiven Schicksals und der personifizierten Geschichte auch am Beispiel der ›Abbildungsgeschichte‹.

Um die Hungerfolgen des Ersten Weltkriegs zu mildern, wurde Heinrich Heidersberger als Kind nach Dänemark verschickt. Das Kosmopolitische blieb ihm. Er studierte in Graz, lebte und arbeitete später als Fotograf in Paris, Den Haag, Kopenhagen und Berlin. Es ist ein Jahrhundert der rasanten technischen Entwicklung und Umwälzung, in welchem eine Idee wie das Telefon zum Massenkommunikationsmittel wird. Und es ist das Jahrhundert des Films und der Fotografie.

Drehbuchautor und Regisseur Karl Heinrich Weghorn arbeitet in seinem Filmprojekt ›Die Zweite Wirklichkeit‹ mit der Geschichte und den Stilmitteln des Films sehr bewußt. Er wählt experimentelle Darstellungsformen, die sich im Werk Heinrich Heidersbergers spiegeln. Heidersberger erfand beispielsweise das Rhytmogramm, und noch heute hat sein Fotolabor viel von dem Werkstattflair eines Daniel Düsentrieb. Weghorn bedient mit seinem Filmprojekt nicht die gewohnte ›journalistischen‹ Bildauffassung, läßt vielmehr optischen Eindrücken und Ideen viel Raum. In diesem Film ist Fotografie nicht nur Dokument und Medium, sondern auch Lebensauffassung mit ihrer Distanz zum ›Objekt‹, mit der Lust am Beobachten, dem etwas an der Seite stehen, dem Voyeurismus.

Heinrich Heidersberger, 1906 in Ingolstdt geboren, lebt und arbeitet seit 1962 in Wolfsburg. Sein Lebensraum, ein Atelier im alten Schloss Wolfsburg, ist bezeichnend für die Spannungsfelder, in denen sich der renommierte Fotograf sein ganzes Leben hindurch bewegt. Wolfsburg, das stadtgewordene Synonym für Industrie und Fortbewegung, für konfektionierten Wohnungsbau einerseits und innovative Architekturideen andererseits. Wo aus ein paar alten Klitschen mit Ortsnamen eine politische Idee ihren Ausdruck bekommt. Hier ist er nach bewegten Lebensjahren gelandet und heimisch geworden.

Das fotografische Werk Heinrich Heidersbergers ist bekannt. Er ist ein häufig gedruckter Fotograf in der Nachkriegsillustrierten ›Stern‹, und er wirkt für die Zeit des ›Aufbaus Deutschlands‹ stilbildend. Heidersbergers Aufnahmen sind in seiner Zeit innovativ, und seine technisch-fotografischen Ideen sind es auch. Seine Architekturfotografie wird als beispielhaft geschätzt, weil er die Grafik des Gebäudes, die Idee des Architekten herauszuarbeiten versteht.

Karl Heinrich Weghorn ist es bei seiner filmischen Arbeit wichtig, die Eigenständigkeit der typisch heidersbergerschen Sichtweise zu erhalten. Er versucht nicht, den Blick zu imitieren oder anzupassen. Vielmehr schafft die sehr filmische Kameraarbeit von Weghorn mit der statisch geprägten Kameraauffassung von Uwe Brodmann wirkungsvolle Brüche und erzeugt ein spannungsreiches Eigenleben. Komponist und Tontechniker Tom Wolter betreut die Tonebene des Films.

Karl Heinrich Weghorn:

Drehbuch, Produktion,

Regie, Kamera.

Uwe Brodmann:

Drehbuch, Kamera,

Standfotografie.

Tom Wolter: Ton.

Patricia Chadde:

Produktionsleitung.

Andreas Zech: Darsteller

und technische Assistenz

Gefördert mit Mitteln der

Niedersächsischen Filmförderung.


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Osnabrück-Net Letzte Änderung: 6.10.1999