Film & Medienbuero Niedersachsen

· Rundbrief 46 ·
Festival-Rückblick


Konzept weiterentwickelt:

TOUKI BOUKI
2. africa film festival hannover

Gedankenaustausch im Medienhaus

Fast 30 neue Filme afrikanischer Regisseurinnen und Regisseure wurden beim 2. afrikanischen Filmfestival in Hannover präsentiert. Damit wurde das Konzept von TOUKI BOUKI 1996 weiterentwickelt. Die Kooperationsveranstaltung von der Afrika Initiative Hannover, Kino im Künstlerhaus und Verband Niedersächsischer Bildungsinitiativen (VNB) wurde durch die Organisation einer Filmauswahl vom Haus der Kulturen der Welt in Berlin für eine bundesweite Tournee ermöglicht. Das Festival startete am 14. Februar und ging mit der Vorführung des Kultfilms Touki Bouki (Senegal 1973) von Djibril Diop Mambéty am 28. April zu Ende. Insgesamt wurden mehr als 1.000 Tickets verkauft.

Foto: Kerstin Hehmann

Vielfältige Förderung

TOUKI BOUKI 1998 wurde als Filmprojekt in der Reihe ›WELTBILDER: Filmkontinent Afrika‹ des Kommunalen Kinos aus Mitteln des Landes Niedersachsen gefördert, als interkulturelles Projekt und Projekt der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit durch BINGO, Umweltlotterie in N3, die Arbeitsstelle Ökumene und Entwicklung der Ev. Luth. Landeskirche Hannover und das Kulturamt der Stadt Hannover.

Mit Flame (Zimbabwe, 1996), dem im Südlichen Afrika heiß diskutierten Film der anglo-zimbabwischen Regisseurin Ingrid Sinclair, gab es eine vielbeachtete Festivaleröffnung zur Filmregion Südliches Afrika. Die Filmdiskussion mit Ndanatsei Mudokwenyu, die als ehemalige Kämpferin am 2. Chimurenga, dem Unabhängigkeitskrieg gegen das rhodesische Kolonialregime beteiligt war, wurde ein Höhepunkt der opening night. Mudokwenyu hatte an den Vorbereitungen des Drehbuchs mitgearbeitet und beantwortete sehr überzeugend die Fragen zur Rolle der Frauen im Krieg, dem Streit um Gleichberechtigung und den Perspektiven des unabhängigen Zimbabwe.

Die anschließende lange Nacht im Kino-Foyer mit Live-Musik des ghanaisch-deutschen ›Soloéne-Projekt‹ bot dem Publikum, darunter auch einige von denen, die wegen Überfüllung des Kinos (mehr als 200 ZuschauerInnen) den Film verpaßten, Interessantes für die Ohren.

Panafrikanisches Filmfestival ›Fespaco‹

Im Werkstattgespräch am folgenden Tag stellte der Regisseur Dr. Maurice Kaboré, Paris /Burkina Faso, das Panafrikanische Filmfestival FESPACO vor, das größte Festival auf dem Nachbarkontinent, bei dem alle zwei Jahre in Ouagadougou, der Hauptstadt Burkina Fasos, die neuesten Produktionen des Kontinents und der Diaspora vorgestellt werden. Der überwiegende Teil der TOUKI-BOUKI-Filme kam von diesem Festival. Intention, Entwicklung und Perspektiven dieses attraktiven Kulturereignisses im westafrikanischen Burkina Faso, dem Herzen der Weltarmut, wurden dabei authentisch vermittelt.

Das 15. FESPACO 1997 erlebten mehr als 140.000 ZuschauerInnen in über 14 Kinosälen der Stadt. Dieses größte afrikanische Filmfestival hat inzwischen Ausstrahlung in die ganze Welt. Fanden Filme afrikanischer RegisseurInnen traditionell ihr Publikum vor allem in Europa und Nordamerika, weniger auf dem in vielen Ländern unwirtschaftlichen afrikanischen Filmmarkt, so wächst in den letzten Jahren insbesondere das Interesse des japanischen Publikums. Eine der Filmkopien, die bei TOUKI BOUKI gezeigt wurde, war denn auch englisch und japanisch untertitelt.

Filmprogramm und Rahmenveranstaltungen

Im Zeitraum von ca. zwei Monaten waren bei TOUKI BOUKI Filme aus Burkina Faso, Senegal, Kongo, Kamerun, Mali, Äthiopien, Kenia, Großbritannien, Deutschland, Belgien, Südafrika, Togo und Zimbabwe zu sehen, darunter der Preisträger des letzten FESPACO, Buud Yam (Burkina Faso, 1996, Gaston Kaboré).

Als Highlights fanden zusätzlich zum abendlichen Programm im Kino im Künstlerhaus besondere Veranstaltungen statt, die jeweils bestimmte Zielgruppen erreichten und über entsprechende Netzwerke und Medien angekündigt wurden:

  • ›Frauen und Film‹ am Internationalen Frauentag, dem 8. März;
  • ›AfrikanerInnen in Deutschland‹, eine Matinee am 15. März, vorbereitet durch einen Regionalworkshop mit der Lobbyorganisation ›Pro Afrika‹ im Kulturzentrum Pavillon;
  • das ›Kinderfilmfest‹ am 22. März mit drei Kurzfilmen und einem Workshop mit Anthony Thompson (Schauspieler) und Mike Mensah (Percussion);
  • die Filmtagung ›Pictures of Change - neue Bilder aus dem Südlichen Afrika‹ am letzten April-Wochenende.

Sehr positive Resonanz fanden bei den FestivalbesucherInnen wiederum die Angebote zu Filmgesprächen im Anschluß an die Vorführungen im Kino-Foyer.

Filmprogramm und Filmbeschreibungen des Festivals finden sich in ›TOUKI BOUKI‹, dem Begleitmaterial 1998, das interessante neue Texte zur Entwicklung des afrikanischen Films vorstellt (Bezug: Afrika Initiative Hannover).

Vorausgegangen war dem Festival in diesem Jahr ein Fortbildungskurs für PädagogInnen u. a. Interessierte, der in Kooperation mit dem Niedersächsischen Lehrerfortbildungsinstitut (NLI) das Thema ›Kindheit und Jugend in afrikanischen Ländern‹ vorstellte. Die TeilnehmerInnen dieses dreitägigen Workshops kamen aus Schulen und Einrichtungen der außerschulischen Jugend- und Erwachsenenbildung in ganz Niedersachsen. Einige besuchten das Festival mit ihren Lerngruppen, in mehreren Schulen wurde die Arbeit mit Filmen aus dem Sichtungsprogramm des Seminars erprobt. Erste Fortsetzungsveranstaltungen mit weiteren Sichtungsprogrammen fanden bereits in Zusammenarbeit von Afrika Initiative und Landjugend Niedersachsen sowie dem Medienpädagogischen Zentrum Hannover statt.

Kontakte aufbauen

Eine weitere Neuerung betraf die Präsenz von RegisseurInnen und FilmexpertInnen aus afrikanischen Ländern, die zum Filmfest in Hannover eingeladen werden konnten.

Neben Maurice Kaboré wirkte David Kyungu, tanzanischer Filmemacher, Journalist und Künstler aus Hamburg mit. Die Regisseurin Fanta Régina Nacro (Paris/Burkina Faso), die zugesagt hatte, am 8. März nach Hannover zu kommen, sagte leider kurzfristig ab.

Vier Gäste aus dem Südlichen Afrika, die zur Filmtagung anreisten, konnten Kontakte zu Film- und Medienprojekten, Festivals u. a. Institutionen aufbauen:

  • Carmel Adonis, Southern Africa Communications for Development (SACOD, Johannesburg/Südafrika), einem Netzwerk von Film- und Videoproduzenten;
  • John Barker, Media Institute for Southern Africa (MISA, Windhoek/Namibia), das in den 14 Mitgliedsländern der Wirtschaftsgemeinschaft des Südlichen Afrika JournalistInnen, Medienfachleute und Radioprojekte für eine vielfältige Medienlandschaft vernetzt;
  • Isaac Meli Mabhikwa, southern african film festival (saff, Harare/Zimbabwe), dem großen Festivalplatz nach Ouagadougou und Carthago;
  • Arnold Shepperson, Centre for Cultural and Media Studies, University of Natal (ccms, Durban/Südafrika).

Das Interesse dieser Gäste galt dabei den Möglichkeiten zur Präsentation afrikanischer Filme auf Festivals in Deutschland, der Kooperation und finanziellen Förderung - und sie entdeckten u. a. die regionalen Festivals in Norddeutschland. Ihre GesprächspartnerInnen waren an der Filmentwicklung in afrikanischen Ländern, Festivalkonzepten und Informationsmöglichkeiten interessiert - und sie entdeckten u.a. das hohe Niveau der Film- und Medienproduktion im Südlichen Afrika (z.B. Vorbereitungen für digitales TV und Hörfunk, Satellitennutzung, effektive Vernetzungsmodelle).

Die Tagungs- und Diskussionsbeiträge der MedienexpertInnen aus dem Südlichen Afrika können bei der Afrika Initiative angefordert werden.

Positive Bilanz

Das Interesse des Publikums, die Chancen für neue kontinuierliche Kontakte im Medienbereich, und die Öffentlichkeit, die für Filme afrikanischer RegisseurInnen insgesamt hergestellt werden konnte, sind für die Veranstalter Grund zu einer positiven Bilanz.

Wie bei jedem Filmfestival bleibt natürlich schon mal eine Filmkopie im Lager des Spediteurs liegen; die Medienreaktionen entsprechen nicht immer der Aufmerksamkeit, die die Filmereignisse bei den ZuschauerInnen finden; nicht alle MultiplikatorInnen, die ihre Beteiligung zugesagt haben, können dann real an den vereinbarten Kontakten teilnehmen - aber viele unvorhersehbare glückliche Zufälle ergänzen die Grundbausteine des Programms und machen solche Defizite wett.

TOUKI BOUKI entwickelte und nutzte besondere Chancen, auch über die Festivalzeit hinaus mittel- und langfristig Wirkungen zu erzielen: Das gesamte Projekt wurde von Film- und MedienexpertInnen aus der ganzen Republik begleitet; MultiplikatorInnen aus der Region erlebten Impulse der Filmarbeit durch eigene Beteiligung und werden sie für ihre Arbeit vor Ort einsetzen; eine Gruppe junger FilmenthusiastInnen beteiligte sich am gesamten Festivalprojekt und aktiv an ausgewählten Schwerpunkten - ein studienbegleitendes Praktikumsvorhaben von Afrika Initiative und Universität Hannover.

Durch die Besuche der Film- und MedienexpertInnen aus Südafrika, Namibia und Zimbabwe, die neben bzw. im Anschluß an die Filmtagung Institutionen besuchten in Hannover (PONTON, up and coming film festival u.a.), Hamburg (Filmfest, Nord-Süd-JournalistInnen-Netzwerk u.a.), Berlin (Berlinale, Camera Africa, Stiftungen) und Osnabrück (Medienhaus, OK, NGOs, Film & Medienbüro Niedersachsen, EMAF), entstanden wichtige Kontakte und Begegnungen im professionellen Bereich.

Das wachsende Interesse an Filmen afrikanischer RegisseurInnen spiegelt sich in niedersächsischen Filmfesten wie TOUKI BOUKI Hannover, dem Afrikanischen Filmfest Osnabrück, Filmschwerpunkten beim Braunschweiger Filmfest, dem Internationalen Filmfest Emden, selbstverständlich dem großen Afrika-Filmfest Berlin und vielen anderen Projekten in anderen Städten (Bremen, Frankfurt, München, Köln etc.). Auch mehrere neue Publikationen belegen das wachsende Interesse am afrikanischen Film

Ausblick

Die Beschäftigung mit Filmen afrikanischer RegisseurInnen geht auf vielen Ebenen weiter: Das Jahr 2000 sollte ein geeignetes Umfeld und einige neue Anlässe für ein weiterentwickeltes Konzept für TOUKI BOUKI bieten.

Wer aber jetzt schon neugierig geworden ist, kann neue Filme afrikanischer RegisseurInnen demnächst in afrikanischen Ländern als Premieren erleben: Im Herbst 1998 in Harare beim ›southern africa film festival‹ und Anfang 1999 beim 16. Panafrikanischen Filmfestival FESPACO in Ouagadougou. Bon voyage!

Informationen: Afrika Initiative Hannover, c/o Pavillon, Lister Meile 4, 30161 Hannover


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Osnabrück-Net Letzte Änderung: 25.09.98
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