Vorspann

Gerne hätten wir unser kleines Jubiläum der 75. Ausgabe des RUNDBRIEF mit der Verkündigung "Guter Nachrichten" gefeiert. Aber die Zeiten sind nicht nur hart, sie sind auch "verhartzt". Der Staat spart vor allem bei den "Kleinen" und bei den "freiwilligen Leistungen". Das Land Niedersachsen hat auch für den Filmbereich gravierende Einschnitte angekündigt.
Dass dabei Arbeitsplätze und letztlich Steuerzahler weggespart werden, scheint inzwischen nicht mehr zu interessieren. Mit Hinweis auf nicht zu verhindernde schmerzhafte Einschnitte wurde der Vorstand des FMB in der Staatskanzlei auf die geplanten Grausamkeiten vorbereitet. Man fragt sich jedoch, wohin die Sparpolitik führt außer dass Arbeitsplätze und kulturelle Einrichtungen vernichtet werden, die zum guten Ruf der niedersächsischen Filmszene beigetragen haben.
Am Beispiel der Filmfestivals kann gut verdeutlicht werden, wohin sparen auch führt, nämlich zum Wegfall umfangreicher Drittmittel, die die Festivals zu dem Zuschuss der nordmedia generieren. Jeder Euro nordmedia-Förderung erschließt durchschnittlich einen weiteren Euro Drittmittel und Sponsorengelder für die Kulturwirtschaft in Niedersachsen und sichert damit auch Arbeitsplätze bei Agenturen, Druckereien und im sonstigen Dienstleistungssektor, ganz abgesehen vom kulturellen Nutzen für die jeweilige Region.

 

Lutz Bardelle von der Staatskanzlei veranschaulicht bei einem Mitglieder-›jour fixe‹ des Film & Medienbüros die Spannweite der zu erwartenden Kürzungen. Rechts Karl Maier vom FMB.
Foto: Kerstin Hehmann
Niedersachsen kürzt - Bremen erweitert
Wenn auf Einnahmen durch Steuerreform und Steueramnestie verzichtet wird, muss gespart werden. Ob diese Politik auch sinnvoll ist? Schon jetzt sind die Folgen der Sparmaßnahmen zu einem hohen gesellschaftlichen Risikofaktor geworden. Ob das "denen da oben" schon klar genug vor Augen steht, muss bezweifelt werden. Sparen hat aber auch immer etwas mit neuen Prioritäten und mit medienpolitischen Visionen und Entscheidungen zu tun. Deshalb reiben sich niedersächsische FilmemacherInnen verwundert die Augen, wenn zeitgleich zu den Kürzungen in Niedersachsen das sicher ebenfalls "arme" Bremen die kulturelle Filmförderung erweitert, wie der nebenstehende Beitrag verdeutlicht. Müssen nun die kulturellen Filmemacher und der Nachwuchs alle nach Bremen übersiedeln, um ihre Filme realisieren zu können?

Das waren noch Zeiten!
Die CDU-FDP-Koalition unter Ernst Albrecht stellte im Jahr 1990 im Haushalt
8 Mio. DM für Filmförderung ein. Im selben Jahr kam ein Regierungswechsel zu Rot/Grün und damit zunächst finanzielle Einbußen. Im Jahr 2001 startete die nordmedia, die neue Mediengesellschaft Niedersachsen / Bremen mit einer Landeszuwendung von 3 Mio. Euro. In diesem Jahr sind es nur noch 2,7 Mio. Euro und 2005 muss mit einem Absinken des Betrages auf möglicherweise nur noch 1,5 Mio. Euro gerechnet werden. Verglichen mit den 8 Mio. DM von 1990 ist das ein deutliches Zeichen, dass Niedersachsen der Medienentwicklung keine große Bedeutung mehr beimisst.

Widersprüche
Ministerpräsident Wulff hat sich in den letzten Monaten erfreulich häufig medienpolitisch geäußert. Es entstand der Eindruck, er wolle Filmförderung und Medienpolitik zur "Chefsache" machen. Er sprach sich für den Erhalt der Kulturellen Vielfalt aus und betonte, ein besonderes Anliegen sei die "Förderung unabhängiger Produzenten in unserer Region" (Interview promedia 7/04).
Die Realität sieht allerdings derzeit anders aus: Bei der letzten Sitzung des Vergabeausschusses der nordmedia Fonds wurden an insgesamt 17 Produktionen (inkl. 2 Multimedia-Projekte) 2.907.536 Euro vergeben. Davon gingen an fünf Niedersächsische Produktionsfirmen lediglich 489.830 Euro, das sind gerade mal etwas mehr als 17 % der vergebenen Mittel. Der Vergleich mit Bremen fällt auch hier zuungunsten von Niedersachsen aus, denn sechs Bremer Projekte erhielten insgesamt 1.401.700 Euro, das sind etwas mehr als 48 %. Wieso Niedersächsische Antragsteller diesmal so unterrepräsentiert sind, entzieht sich unserer Kenntnis, da es nach wie vor keine unabhängigen Vertreter im Vergabegremium der nordmedia gibt. Sollte es an der Qualität der Anträge aus Niedersachsen liegen, bestände dringender Handlungsbedarf, um Firmen und Produzenten im Land entsprechend zu qualifizieren bzw. die bestehenden Angebote der nordmedia und beispielsweise der Medienwerkstatt Linden zu verstärken.

Wer soll das bezahlen:
In Niedersachsen muss sich auch das Wirtschaftsministerium mit mindestens 500.000 Euro an der nordmedia-Förderung beteiligen. Gefördert wird laut Richtlinie die Kulturwirtschaft und somit ist dies auch eine Aufgabe des Wirtschaftsministeriums. Darüber hinaus muss das Land das Mediengesetz so ändern, dass der NDR zukünftig wie bei der MSH in Schleswig Holstein auch in Niedersachsen Mittel in Höhe von mind. 10 % des Vorab aus dem Landesmediengesetz für Freie Projekte zur Verfügung stellt. Dies entspräche derzeit ca. 550.000 Euro.

Bestandsaufnahme
Aus unserer Sicht muss nach drei Jahren nordmedia-Förderung eine Bestandsaufnahme gemacht werden, verbunden mit einer offenen Diskussion über Förderziele und Förderschwerpunkte. Dabei hat Ministerpräsident Wulff ja schon einige wichtige Stichworte gegeben. Das Film & Medienbüro mit seinen rund 160 Mitgliedern hofft auf einen konstruktiven Dialog.

Wir wünschen allen LeserInnen eine anregende Lektüre und freuen uns über Beiträge zu den Themen dieser Ausgabe. Und damit wir auch weiter erscheinen können, freuen wir uns natürlich auch über neue Hier geht's zum Rundbrief-Abo Abonnenten und neue Mitglieder.

Karl Maier


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