Niedersachsen kürzt, Bremen nicht

Landesregierung muss Filmförderung ›unter Dampf halten‹

   
Bereits Anfang Juli 2004, nach Bekanntgabe der Kabinettsbeschlüsse zu den massiven Kürzungen, wandte sich der Vorstand des Film & Medienbüros Niedersachsen an den Ministerpräsidenten Christian Wulff.
Daraufhin wurde der Vorstand zu einem Gespräch in die Staatskanzlei eingeladen, das keine konkreten Ergebnisse brachte, aber verdeutlichte, dass mit massiven Kürzungen zu rechnen ist. Hierzu siehe auch Vorspann.
Wir dokumentieren nachfolgend das Schreiben an Ministerpräsident Wulff mit wenigen Kürzungen.

 

Filmschaffende erwarten von der Landesregierung eine verlässliche Medienpolitik mit nachhaltigen Wirkungen im Land.
Foto: Kerstin Hehmann
›Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

mit großer Sorge verfolgen wir die Sparbeschlüsse der Landesregierung. Zwar liegen für den Bereich Film / Medien noch keine konkreten Zahlen vor, die bisherigen Informationen deuten jedoch auf überproportionale Kürzungen bei der Filmförderung hin.
Die konkreten Auswirkungen auf die Fördertätigkeit der nordmedia Fonds GmbH werden gravierend sein: Es muss befürchtet werden, dass andere Fördermittelgeber, hier vor allem der NDR und das ZDF, ihre Fördermittel an die nordmedia ebenfalls reduzieren. Hier verweisen wir auf das aktuelle Beispiel der Filmförderung Hamburg, wo genau diese Entwicklung durch die Kürzung der Landesmittel eingetreten ist.

Die Zuwendung des Landes Niedersachsen an die nordmedia ist bereits in diesem Jahr um 10 % gekürzt worden. Eine erneute Kürzung, verbunden mit Kürzungen anderer Fördermittelgeber, schwächt die noch junge, in vielen Bereichen bereits sehr erfolgreiche Förderung.
Die Kürzung der Landesmittel schwächt auch ganz entscheidend die Position und den Gestaltungsspielraum des Landes Niedersachsen innerhalb der nordmedia Fonds GmbH.

- Wie soll die nordmedia zukünftig noch in der Lage sein, auch unabhängige Projekte von hohem künstlerischen und kulturellen Rang zu unterstützen?

- Wie soll das Land zukünftig gegenüber dem NDR für eine Stärkung der Unabhängigkeit der Film- und Fernsehproduzenten, für die ausreichende Förderung des Filmnachwuchses durch den NDR sowie für anspruchsvollere TV-Förderprojekte eintreten, wenn es seine Positionen nicht auch durch ein finanzielles Gegengewicht untermauern kann?

- Wie soll die nordmedia zukünftig noch die Bereiche weiter fördern, die bisher aus den Landesmitteln unterstützt wurden wie beispielsweise die Festivals und andere kulturelle Projekte, die ganz wesentlich zu einer Profilierung des Landes im Bereich der Filmkultur beitragen und wichtiger Bestandteil der kulturellen Grundversorgung der Bevölkerung sind.

Förderung sichert Arbeitsplätze
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Sie haben in Ihrem Schreiben vom 13. April 2004 davon gesprochen, dass die nordmedia noch nicht in ›ruhigem Fahrwasser gleitet‹. Nun kommt die nordmedia durch die Kürzungen der Landesmittel in ›schwere See‹. Die Filmschaffenden in Niedersachsen erwarten von der Landesregierung, dass sie die Filmförderung ›unter Dampf und auf Kurs‹ hält. Ein ›Schlingerkurs‹ hat für viele Filmschaffende und Produktionsfirmen existenzielle Folgen.
Die Filmförderung hat die Aufgabe, kulturelle und wirtschaftliche Projekte zu fördern, bestehende Arbeitsplätze in den Bereichen zu erhalten und möglichst neue Arbeitsplätze zu schaffen. Fehlende Landesmittel führen zwangsläufig zu einem Abbau filmkultureller Aktivitäten im Flächenland Niedersachsen und zum Abbau von Arbeitsplätzen. Wir fordern die Stärkung der Filmkultur, da hier in der Regel mit geringen Fördermitteln, mit viel Eigeninitiative und Kreativität Projekte entstehen und durchgeführt werden, die ganz wesentlich das kulturelle Klima des Landes prägen und auch dem künstlerischen Nachwuchs ein Forum bieten.

Keine Förderung für TV-Magazine
Im wirtschaftlichen Bereich sehen wir die Notwendigkeit, bei den Förderentscheidungen die Frage der Nachhaltigkeit stärker zu berücksichtigen. Unbegreiflich ist für uns die wiederholte Förderung von TV-Magazinen, die offensichtlich erfolgreich im NDR-Fernsehen laufen. Eine wirtschaftliche Förderung kann nur Anschubfinanzierung für neue Projekte sein und nicht als Dauerförderung für erfolgreiche Programme missbraucht werden. Diese Programme müssen aus den normalen Rundfunkgebühren finanziert werden. Die Film- und TV-Produzenten im Land haben Anspruch darauf, dass sie angemessen bei Auftragsvergaben des NDR berücksichtigt werden und somit ein Teil des großen Gebührenaufkommens aus Niedersachsen wieder ins Land zurück fließt.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Sie haben gegenüber der Fachzeitschrift Film-echo/Filmwoche (Ausgabe 19/2004) den Wunsch geäußert, dass sich Filmemacher im Lande wohl fühlen sollen. Die Politik der von Ihnen geführten Landesregierung geht aber konkret in eine andere Richtung und bedeutet die Existenzvernichtung für viele Film- und Medienschaffende.
Deshalb fordern wir Sie dringend auf, die überproportionalen Kürzungen bei der nordmedia zurück zu nehmen. Darüber hinaus sollte die Landesregierung den NDR von der Notwendigkeit überzeugen, seine Fördermöglichkeiten für unabhängige Projekte zu erweitern, wie er dies ja bereits bei der MSH in Schleswig-Holstein praktiziert. Die Behauptung des NDR, er setze bereits jetzt bei der nordmedia ›deutlich mehr als 10 % für derartige Projekte‹ ein, halten wir schlicht für falsch.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, bitte geben Sie der nordmedia die Chance, das kulturelle, künstlerische und wirtschaftliche Niveau der Förderung zu halten und wenden Sie irreparablen Schaden von der nordmedia und dem Medienstandort Niedersachsen ab.‹



Kulturelle Filmförderung Bremen erweitert

   
Nach gründlicher Vorbereitung haben das Filmbüro Bremen und die Bremer Innovations-Agentur BIA im August 2004 einen Vertrag geschlossen, der dem Filmbüro aus dem Landesprogramm ›Bremen in time‹ für die Jahre 2004 und 2005 jeweils 150.000 Euro für den Ausbau seiner Aktivitäten zuspricht. Grundlage ist ein erfreulich breiter Konsens der Politik, der Verwaltung und der Filmszene.

- Das Filmbüro kann in diesem Jahr erstmalig eine zweite Förderrunde für die Kulturelle Filmförderung (Projektentwicklung, Drehbuch, Produktion, Vertrieb) realisieren. (Einreichfrist: 15. Oktober 2004).

- Das Filmbüro öffnet sich bundesweit. Abschlussfilme von Studenten der Film- und Kunsthochschulen können mit bis zu 10.000 Euro gefördert werden. Eine zusätzliche Unterstützung durch Sven Kiesches m-medienproduktionen und Arno Schumanns Montagehalle kann mit diesem Geld einen Dreh auf HD und die Postproduktion ermöglichen (Einreichfrist: 15. Oktober 2004).

- Eine ›Kleinstprojektförderung‹ soll vorrangig für erste Visitenkarten des Bremer Nachwuchses genutzt werden. Geschäftsführung und Vorstand können Beträge ›zwischen 10 und 2.500 Euro‹ bewilligen. Projektvorschläge können laufend eingereicht werden.
Details unter www.filmbuero-bremen.de und im nächsten RUNDBRIEF.

Das kleinste Bundesland hat mit der Beteiligung an nordmedia, der eigenständigen Kulturellen Filmförderung und einer wirtschaftlich orientierten Medien-Innovationsförderung durch die BIA drei Förderinstrumente geschaffen, mit denen Bremen in diesem Marktsegment höchst flexibel und effizient agieren kann.

Klaus W. Becker


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