Filmfestivals

›Flurbereinigung‹ der Festivallandschaft

   
Mit wissenschaftlicher Methode sollten erstmalig gesicherte Erkenntnisse über die Festivalszene gewonnen werden.
Im Jahr 2002 wurden auf Grundlage der ›Richtlinie zur kulturwirtschaftlichen Film- und Medienförderung der nordmedia Fonds GmbH‹ 17 Filmfestivals in Niedersachsen gefördert, die nun durch die nordmedia evaluiert wurden.
Die niedersächsische Festivallandschaft mit ihrem Angebot ist einmalig in Deutschland. In den 90er Jahren haben sich zahlreiche Veranstaltungen mit ihren kulturellen und wirtschaftlichen Effekten im Flächenland etabliert. Einen Eindruck davon vermittelt die Broschüre ›Filmfestivals in Niedersachsen‹, herausgegeben 1999 vom Film und Medienbüro Niedersachsen. Heute, vier Jahre später, sind allerdings die darin enthaltenen Informationen zu einzelnen Festivals teilweise veraltet.

 

Ein Riss geht durch die niedersächsische Filmfestival-Landschaft.
Montage: K. Hehmann

Durchführung
Dass nun die nordmedia mit dem Anspruch wissenschaftlicher Methode die niedersächsischen Filmfestivals evaluierte, wurde zunächst begrüßt, gleichzeitig aber auch von Kritik an der Durchführung begleitet. Mittlerweile ist die Evaluation abgeschlossen, die daraus gewonnenen Erkenntnisse sind allerdings noch immer unveröffentlicht. Selbst die betroffenen Festivals haben bis heute trotz zahlreicher Anforderungen keine sie betreffenden schriftlichen, aussagekräftigen Ergebnisse erhalten.
Der Autor stützt sich bei seinen nachfolgenden Aussagen auf einen veröffentlichten Kurzbericht, Schriftwechsel und mündliche Auskünfte der nordmedia.
Die als ›Evaluation und Kompendium der durch nordmedia Fonds GmbH geförderten Filmfestivals in Niedersachsen/Bremen‹ betitelte Untersuchung, hält nach derzeitigem Kenntnisstand den Anforderungen einer seriös durchgeführten Evaluation in mehrfacher Hinsicht nicht stand.
Mit hohen Ansprüchen gingen die Verfasser ans Werk. Immerhin 17 Veranstaltungen, bei denen es eine ›große Varianz bei der Qualität und Bedeutung gibt‹, sollten von der Evaluation erfasst werden. Am Evaluationsdesign und seiner Operationalisierbarkeit gibt es nichts auszusetzen, mit der gewählten Methode der qualitativen Sozialforschung ließen sich die formulierten Ziele erreichen.

Datenerhebung
Bei der Datenerhebung finden sich bereits erste Kritikpunkte. Mit ihrem Schreiben an die zu untersuchenden Festivals vom 23.12.2002 (sic!) versäumte es die nordmedia, klare Anforderungen an die benötigten Unterlagen zu stellen (›Kataloge, Programmzeitungen und ggf. weitere aussagekräftige Unterlagen‹). Für eine Evaluation muss eine solche Anfrage valide und objektiv formuliert sein, sie lässt sich leicht aus den Zielen der Evaluation ableiten. Ein Selbstreport der Filmfestivals auf der Grundlage der formulierten Leitfragen, wie er zu Beginn einer Evaluation ein bewährtes Instrument ist, hätte eine solide Grundlage für das weitere Vorgehen gewährleistet und Fehler wie die Verwendung veralteter Daten ausgeschlossen.
Die Heranziehung von Experteninterviews als Methode qualitativer Sozialforschung ist ein bewährtes Instrument zur Informationsgewinnung. Bei der vorliegenden Untersuchung entzieht sich dieses Verfahren jedoch der Überprüfbarkeit. Es bleibt offen, wer die Experten sind, inwieweit sie mit den Gegebenheiten vor Ort vertraut sind, ob sie alle in den Leitfragen zu erforschenden Kriterien gleichermaßen bewerten und letztendlich eine objektive und unabhängige Beurteilung der Veranstaltungen vornehmen können.

Experteninterviews
Die Verfasser der Evaluation klassifizieren die Qualitätsparameter der Veranstaltungen in nicht ökonomische und ökonomische. Ihrem formulierten Ziel, eine ›objektive Klassifikation der geförderten Filmfestivals zu schaffen‹ werden sie nicht gerecht. Offen bleibt, wie die Experteninterviews gewichtet, ausgewertet und anschließend interpretiert wurden. Die erzielten Ergebnisse sind auf Grundlage des veröffentlichten Kurzberichtes nicht hinreichend transparent und erscheinen beliebig und nicht einheitlich. Die Auswertungskategorien der Interviews sind unbekannt, eine Nachvollziehbarkeit der Beurteilung ist somit nicht gegeben.
Der Zeitraum von lediglich einem Monat bis zur Vorlage der Evaluierung am 12. März erscheint für eine strukturierte Auswertung der Expertengespräche, die vom 1.-10. Februar stattfanden, immerhin 119 Interviews bei 17 untersuchten Festivals und 7 Experten, sehr kurz bemessen.

Geheimhaltung
Die nicht nachvollziehbare Geheimhaltung der gesamten Untersuchung und ihrer Ergebnisse steht in eklatantem Widerspruch zum allgemein anerkannten und formulierten Umgang mit einer Evaluation. Es drängt sich hier (vielmehr) der Verdacht auf, dass unter dem Label einer wissenschaftlichen Methode, der Evaluation, eine Flurbereinigung in der Niedersächsischen Festivallandschaft legitimiert werden sollte.
Letztendlich ist zu wünschen, dass die nordmedia durch die Offenlegung der gesamten Evaluation Zweifel an deren Seriosität beseitigt und so einen offenen Diskurs mit den Festivals ermöglicht. Schließlich betont der Vergabeausschuss der nordmedia, ›dass auch zukünftige Förderentscheidungen daran gebunden werden sollen, dass die Veranstalter von Festivals die der Evaluation zugrundeliegenden Qualitätskriterien erfüllen‹.
(HOT)


›Vorhang zu‹ für sechs Festivals?

  nach oben
Die Überprüfung von Filmfestivals durch die nordmedia Fonds hat zu folgenden Ergebnissen geführt: Die überregional bedeutenden Festivals sollen in ihrem Bestand gesichert und gestärkt werden.
Hierzu gehören:
Das European Media Art Festival in Osnabrück, das Internationale Filmfest Emden-Aurich-Norderney, das Filmfest Braunschweig, das Internationale Filmfest Oldenburg und das up and coming Filmfestival Hannover. Ebenso soll das Sehpferdchen-Kinderfilmfest Hannover (mit Integration des Niedersächsischen Kinderfilmtages) weiterhin unterstützt werden.
Das in Göttingen stattfindende Festival des Europäischen Films sowie das dortige Historische Festival des Deutschen Films sollen grundsätzlich erhalten, aber - spätestens bei Wegfall der EFRE Förderung - nur noch im jährlichen Wechsel organisiert bzw. gefördert werden.
Für das Unabhängige Filmfest in Osnabrück und die Oldenburger Filmtage - Das Filmfest der Oldenburger Kinoinitiativen - wird ›wegen der Unschärfe ihrer Profile und der fehlenden überregionalen Bedeutung‹ ab 2004 ›kein zwingender Förderbedarf‹ durch die nordmedia mehr gesehen. Ebenfalls nicht mehr gefördert werden das Hildesheimer Kurzfilmfestival Best Before, das Int. Kurzfilmfestival Der Eisenstein in Wilhelmshaven, das Verdener Kurzfilmfestival Filmsalat sowie die Uelzener Filmtage.
Das Int. Ethnograhische Film Festival Göttingen - GIEFF soll aus Mitteln des EFRE Programms, nicht jedoch aus nordmedia-Mitteln gefördert werden.


Zurück zurück zur letzten Seite