Archiv

Änderung des Niedersächsischen Mediengesetzes
Stellungnahme des Film & Medienbüro Niedersachsen e.V.

Wir nehmen nachfolgend zum § 51, Absatz 3 des Entwurfes zur Änderung des Niedersächsischen Mediengesetzes Stellung. Wir gehen davon aus, dass zu den weiteren Änderungspunkten von anderen Verbänden ausführliche Stellungnahmen vorliegen und konzentrieren uns deshalb auf die wichtige Frage der Verwendung des "Vorab".

Wir schlagen folgende Änderung und Ergänzung für § 51, Absatz 3 vor:

(3) Der NDR verwendet 20 vom Hundert des zusätzlichen Anteils an der einheitlichen Rundfunkgebühr nach § 40 Abs. 1 RStV sowie den ihm zustehenden Anteil an der einheitlichen Rundfunkgebühr, den die Landesmedienanstalt nicht in Anspruch nimmt, im Benehmen mit dem Land für die Förderung der Entwicklung, Herstellung und Verbreitung von audiovisuellen Produktionen einschließlich kultureller und multimedialer Angebote, soweit sich diese Produktionen und Angebote innerhalb seines Programmauftrags halten.

Weitere 10 vom Hundert stehen für Nachwuchsförderung und senderungebundene Projekte zur Verfügung.

Begründung:
Die letzten zwei Jahre seit Bestehen der nordmedia Fonds haben gezeigt, dass sich der NDR überwiegend "normales Programm" über das so genannte "Vorab" des Landesmediengesetzes hat "fördern" lassen. Sowohl die Staatskanzlei als auch alle im Landtag vertretenen Parteien haben mit dieser Förderpolitik mehr oder weniger große Probleme, es gab entsprechende Anfragen und Anträge.

Zur Verdeutlichung einige herausragende Beispiele von Förderentscheidungen aus den letzten Sitzungen des Vergabeausschusses der nordmedia Fonds:

  • drei von vier in Niedersachsen bisher realisierte "Tatort"-Beiträge,
  • eine Reihe über Herrenhäuser in Niedersachsen, (rund 398.000 Euro)
  • das Infotainment-Magazin (10 x 30 Min.) "Gartenduell" (gefördert mit insgesamt rund 545.000 Euro),
  • das Modemagazin "modeMACHER - die stylingtour" (6 x 30 Min., Förderbetrag insgesamt rund 332.000 Euro)
  • "Wohnträume in Niedersachsen" (8 x 30 Min., Förderbetrag bis zu 276.000 Euro)
  • "Lieb und struppig", eine Tiervermittlungsserie, (Förderbetrag bis zu 540.000 Euro
  • oder die Serie "Royalty" über Europäische Adelshäuser, (Förderbetrag rund 530.000 Euro)

    Diese Förderprojekte sucht man bei anderen Filmförderungen vergeblich. Da ist es üblich, dass die Sender solche Produktionen über den normalen Programmetat als Eigen- oder Auftragsproduktion realisieren.

    Gesetzgeber ist gefordert:

    a) Wenn jetzt das "Vorab" für die Filmförderung auf 30 vom Hundert erhöht werden soll, muss der Gesetzgeber verhindern, dass sich das oben umrissene Problem zukünftig noch verschärft.

    b) Die Erhöhung des "Vorab" muss im Zusammenhang mit der Kürzung des Finanzierungsanteils des Landes bei der nordmedia Fonds GmbH um 10 % gesehen werden. Der Gesetzgeber muss jetzt sicherstellen, dass das Land auch nach dieser Kürzung noch über Fördermöglichkeiten z.B. für von Sendern unabhängige Produktionen und den künstlerischen Nachwuchs verfügt. Andernfalls droht in Niedersachsen der Niedergang für Film- und Medienkunst, noch vor wenigen Jahren das filmkulturelle Markenzeichen des Landes. Auch der Aufbau einer unabhängigen Produktionsstruktur ist nicht möglich.

    c) Hinzu kommt eine im Vergleich zu Bremen drohende Benachteiligung niedersächsischer kultureller Medienschaffenden:
  • In Bremen gibt es neben der nordmedia Fonds noch eine unabhängige Kulturelle Filmförderung, für die kein "Letter of Intent" eines Fördermittelgebers erforderlich ist. Die Förderentscheidungen werden von unabhängigen Branchenexperten getroffen.
  • Die von dieser Förderung geförderten Produktionen müssen nicht ins derzeit vorherrschende Programmschema eines Senders "passen". Dadurch wird künstlerische Kreativität nicht gleich in die Norm fester Sendeplätze gezwängt, es kann Neues erprobt werden, von dem die Sender letztlich auch profitieren.
  • Der Bremer Senat hat trotz knapper Haushaltsmittel den Etat der Kulturellen Filmförderung erhöht.

    d) Das Beispiel Baden-Württemberg beweist, dass Mittel aus dem 2 % Aufkommen überwiegend für andere Produktionen eingesetzt werden, obwohl die entsprechende Formulierung des Landesmediengesetzes beinahe identisch ist mit § 51, Absatz 3:
    "(2) Dem Südwestrundfunk stehen 28 vom Hundert des zusätzlichen Anteils an der einheitlichen Rundfunkgebühr nach Absatz 1, mindestens jedoch jährlich 3,6 Millionen Euro, zu. Sie sind von ihm im Rahmen seiner Aufgaben für Zwecke der Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg (MFG) zu verwenden."

    Für Fernsehproduktionen gelten bei der MFG laut Richtlinie folgende Voraussetzungen:

    "Die Herstellung von Fernsehfilmen von herausragender Programmqualität und herausragender kultureller Bedeutung für das Land Baden-Württemberg kann gefördert werden, wenn die Verwertungsrechte in hohem Maße bei der Produzentin / dem Produzenten verbleiben."

    "Die Förderung von reinen Fernsehproduktionen sind ausnahmsweise da möglich, wo sich die Nachwuchsförderung in besonderem Maß realisieren lässt."

    Uns ist klar, dass diese Details nicht im Landesmediengesetz sondern in der Richtlinie der nordmedia Fonds geregelt werden müssen. Das Mediengesetz muss jetzt hierfür neue Spielräume eröffnen, um eine Verbesserung der Förderbedingungen zu ermöglichen.

    Eine zukunftsorientierte Medienförderung in Niedersachsen muss sicherstellen, dass nicht überwiegend normales Fernsehprogramm gefördert wird. Die Förderung darf nicht als Ersatz für Auftragsproduktionen missbraucht werden.

    Deshalb bitten wir Sie, durch Übernahme unserer Vorschläge im Mediengesetz die Basis für eine verbesserte Medienförderung in Niedersachsen zu schaffen. Damit erhält auch die nordmedia Fonds die Möglichkeit, sich als erste Adresse für künstlerisch anspruchsvolle Film- und Fernsehproduktionen von herausragender Qualität und kultureller Bedeutung zu profilieren und damit Niedersachsen (und Bremen) in der deutschen Förderlandschaft besser zu positionieren.

    Weitere Vorschläge zur Verbesserung der Förderbedingungen würden wir Ihnen gerne vorstellen. Sinnvoll wäre hierzu eine Anhörung, zusammen mit dem Ausschuss für Wissenschaft und Kultur.

    Osnabrück, den 24. November 2003

  • Zurück zurück zur letzten Seite