Film & Medienbuero Niedersachsen

Filmförderung


Film- und Medienwirtschaft entwickeln

Interview des Offenen Kanals Osnabrück mit dem niedersächsischen Minister für Wissenschaft und Kultur Thomas Oppermann anlässlich seines Besuches im Osnabrücker Medienhaus am 23.08.1999.

OK: Welche Eindrücke haben Sie bei Ihrem Rundgang durch das Osnabrücker Medienhaus gesammelt?

Oppermann: Im Medienhaus habe ich eine hochinteressante, vernetzte und innovative Szene vorgefunden: Der Offene Kanal, das Film & Medienbüro, das für ganz Niedersachsen zuständig ist, das European Media Art Festival, das weit über Deutschland hinaus Aktzente setzt, die Medienwerkstatt und andere miteinander vernetzte Aktivitäten ergeben zusammen ein sehr positives Bild.

Medienhaus muss
Beitrag leisten

OK: Das Film & Medienbüro sieht die Förderpraxis des Landes Niedersachsen mit durchaus kritischen Augen. Sehen auch Sie selbst Kritikpunkte in der Filmförderung des Landes?

Oppermann: Wir wollen die Film- und Medienwirtschaft in Niedersachsen entwickeln. Filmkultur und Filmwirtschaft, Medienkultur und Medienwirtschaft schließen sich dabei nicht gegenseitig aus. Hier ist ein hochinteressanter Wachstumsmarkt mit zweistelligen Wachstumsraten, hier gibt es neue Arbeitsplätze, hier entstehen permanent neue Ideen und neue Technologien. So ein Medienhaus wie hier in Osnabrück muss seinen Beitrag dazu leisten, diesen Wirtschaftssektor stärker zu entwickeln.

Wir wollen das auch im Lande allgemein tun. Die Filmwirtschaft in Niedersachsen ist bislang noch völlig unterentwickelt, wir haben zuwenig Ressourcen, wir haben keine durchschlagkräftigen Organisationen, um mit so starken Bereichen wie NRW, Köln, München, Berlin, Brandenburg oder gar Hamburg mithalten zu können. Und deshalb ist geplant, in Niedersachsen eine Mediengesellschaft zu gründen, die die Mittel für Filmförderung von jetzt rund 10 Millionen DM auf 20 Millionen DM verdoppelt. Diese Mediengesellschaft soll auch Dienstleistungsfunktionen gegenüber Produzenten, gegenüber Autoren und anderen übernehmen. Damit wollen wir Niedersachsen als Medienstandort stärker profilieren und medienwirtschaftliche Aktivitäten auslösen, von denen es bisher zu wenig gibt.

Film &Medienbüro
muss Impulse setzen

OK: Würde das bedeuten, daß diese Mediengesellschaft nur noch an einem Standort - z. B. Hannover - angesiedelt würde?

Oppermann: Nein, ganz im Gegenteil. Natürlich ist Hannover Landeshauptstadt und sicherlich auch das medienwirtschaftliche Zentrum Niedersachsens. Aber wir haben sehr gute Ansätze zum Beispiel in Braunschweig und in Osnabrück; ich finde auch überhaupt nicht, daß Kulturpolitik eine metropolenorientierte Politik sein muß. Ganz im Gegenteil: was Sie in Osnabrück entwickelt haben mit dem Medienhaus und dem Film & Medienbüro, das wollen wir schon erhalten und es wäre fatal, wenn das unter die Räder käme. Aber auch dieser Bereich, der sehr großzügig gefördert wird, muß sich an dem Ziel messen lassen, wie dem Bereich der Film- und Medienwirtschaft neue Impulse gegeben, neue Entwicklungen ermöglicht und mehr Aktivitäten in Niedersachsen auf diesem Sektor vorangebracht werden können.

Subventionen nicht
prinzipiell schlecht

OK: Könnte dies darauf hinauslaufen, daß man wegkommt von der sogenannten Subventionskultur?

Oppermann: Also, Subventionskultur haben wir ja in allen Bereichen. Subventionen sind ja nicht prinzipiell schlecht - wenn sie sinnvolle Aktivitäten auslösen und anstoßen, sind sie gerechtfertigt. Es gibt kulturelle Sektoren wie etwa das Theater, die ohne Subventionen überhaupt nicht existieren können. In anderen Bereichen wie der Musik oder auch dem Film und Multimedia, da gibt es durchaus kommerzielle Erfolgschancen und die müssen auch genutzt werden. Aber auch dort sind Subventionen nötig, um die Dinge anzuschieben. Deshalb wollen wir auch gerade im Film- und Medienbereich unsere Möglichkeiten verdoppeln.

OK: Ist es nicht so, daß die Filmwirtschaft ohne einen Unterbau wie das Medienhaus gar nicht existieren kann?

Oppermann: Richtig, dieser Unterbau muß erhalten bleiben - auch wenn wir mit den zusätzlichen Mitteln, die wir bereitstellen wollen, natürlich vorrangig hochwertige, auch wirtschaftlich hochinteressante Filmprojekte realisieren wollen. Wir wollen, daß erfolgreiche Filme in Niedersachsen produziert werden und dass die Wertschöpfung, die damit verbunden ist, auch in Niedersachsen realisiert wird und nicht in anderen Bundesländern. Trotzdem brauchen wir auch einen Unterbau, eine Struktur, wo medieninteressierte Leute angelockt werden, wo sie ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen können, wo Ideen entwickelt und Kreativitätspotential gehoben wird. Ohne einen solchen Unterbau hätte eine Film- und Medienwirtschaft keine guten Chancen. Hier leistet das Medienhaus einen wichtigen Beitrag und den soll es auch in Zukunft leisten.

Offene Kanäle haben
sich bewährt

OK: Als fünfjähriges Modellprojekt ist im Medienhaus ja auch der Offene Kanal untergebracht. Wie sehen sie die Chancen für einen Dauerbetrieb und wie könnte dieser aussehen? Wie könnte auch eine Finanzierung aus dem kulturellen Bereich mit eingebunden werden?

Oppermann: Also, nach dem, was ich in verschiedenen Städten beobachte, haben sich die Offenen Kanäle schon nach drei Jahren bewährt. Sie bereichern das Medienangebot und sie verbessern die Pluralität im Bereich der Meinungsbildung, so daß ich schon glaube, daß wir gute Chancen haben, diese Projekte dauerhaft zu etablieren. Wie sie dann finanziert werden, inwieweit ihre kulturellen Aufgaben auch außerhalb der Medienanstalten finanziert werden können, das wird sich zeigen. Es muß aber auch noch mal die Frage neu diskutiert werden, ob die Nichtkommerziellen Lokalradios und Offenen Kanäle nicht doch im begrenzten Umfang Werbeeinnahmen erzielen können. Das ist immer noch ein Tabuthema, aber ich denke, das gehört auf die Tagesordnung.

NDR muss mehr in
Niedersachsen tun

OK: Es wurde ja auch schon darüber nachgedacht, die Kündigung des Rundfunkstaatsvertrages in Angriff zu nehmen. Welche Vorteile könnte das mit sich bringen?

Oppermann: Also, den Rundfunkstaatsvertrag zu kündigen, das ist schon eine gewaltige Aktion, die möchte ich lieber nicht zur Diskussion stellen. Aber: Niedersachsen ist der größte Gebührenzahler für den NDR, wir haben jedoch die geringsten Rückflüsse. Das kann auf Dauer nicht so bleiben. Entweder Niedersachsen als größter Gebührenzahler profitiert mehr und der NDR investiert mehr in Niedersachsen und realisiert mehr Produktionen in diesem Bundesland, oder wir werden über Konsequenzen diskutieren müssen.

OK: Könnte das eine Zwangsabgabe bedeuten?

Oppermann: Darüber will ich jetzt lieber nicht spekulieren, zumal ich für dieses Thema auch nicht zuständig bin und es Sache der Staatskanzlei ist. Da müssen wir erstmal in Ruhe überlegen und dann geeignete Maßnahmen ergreifen.

Hochschulen müssen
Medienkompentenz
vermitteln

OK: Zum Abschluß noch ein Blick auf den Stellenwert der Medien in Schule und Ausbildung. Wird dieses Thema noch immer zu sehr vernachlässigt?

Oppermann: Die Hochschulen müssen erkennen, daß wir in der Wissensgesellschaft allen Absolventen eine Schlüsselqualifikation vermitteln müssen - und das ist kommunikative Kompetenz, das ist Medienkompetenz. Die ist wichtiger als jedes Fachwissen, das dort vermittelt wird, denn alle Hochschulabsolventen müssen die Ergebnisse ihrer Arbeiten auch kommunizieren können. Von daher ist es sinnvoll, diese querschnittorientierte Schlüsselqualifikation stärker anzubieten und auch solche Dienstleister wie das Medienhaus stärker zu nutzen. Die Hochschulen sind gut beraten, wenn sie mit den Leuten, die in der Praxis etwas von dem Thema verstehen, stärker kooperieren würden.

Gesprächsführung: Burkhard Holst Dokumentation: Karsten Herrmann (OK Osnabrück)


top


Osnabrück-Net Letzte Änderung: 5.3.1999